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Paracetamol in der Schwangerschaft und Autismus: Was wirklich belegt ist


Paracetamol in der Schwangerschaft und Autismus: Was wirklich belegt ist

In den vergangenen Wochen sorgte ein Bericht des US-Gesundheitsministeriums (HHS) für Schlagzeilen: Darin wurde ein möglicher Zusammenhang zwischen der Einnahme von Paracetamol (Acetaminophen, z. B. Tylenol) in der Schwangerschaft und Autismus bei Kindern nahegelegt. Viele Fachleute reagierten mit scharfer Kritik – nicht zuletzt, weil diese Behauptung wissenschaftlich nicht belegt ist und Ängste bei Schwangeren unnötig verstärken könnte.

Hintergrund

Paracetamol gilt seit Jahrzehnten weltweit als Schmerz- und Fiebermittel der ersten Wahl in der Schwangerschaft. Es wird bevorzugt eingesetzt, weil Alternativen wie Ibuprofen oder Aspirin im Verlauf der Schwangerschaft deutlich größere Risiken bergen. Gleichzeitig kursieren seit einigen Jahren Hypothesen, Paracetamol könne die Gehirnentwicklung des Kindes beeinflussen und das Risiko für Autismus oder ADHS erhöhen.

Diese Hypothesen stützen sich auf Beobachtungsstudien, in denen teils schwache statistische Zusammenhänge gefunden wurden. Solche Studien können aber keine Ursache beweisen – viele Störfaktoren (z. B. Fieber oder Infekte, die selbst ein Risiko darstellen können) lassen sich kaum ausreichend herausrechnen.

Was zeigt die aktuelle Evidenz?

  • Größte und methodisch stärkste Studie (2024, Schweden, ĂĽber 2,4 Mio. Kinder):
  • Kein erhöhtes Risiko fĂĽr Autismus, ADHS oder Intelligenzminderung bei Kindern, deren MĂĽtter in der Schwangerschaft Paracetamol genommen hatten. In Geschwister-Vergleichen verschwanden alle zuvor beobachteten Zusammenhänge.
  • Meta-Analysen: Bestätigen, dass sich allenfalls schwache statistische Signale finden – diese verschwinden aber, sobald man methodisch strenger prĂĽft.
  • Fachgesellschaften und Behörden: Sowohl die Amerikanische Gesellschaft fĂĽr Gynäkologie (ACOG) als auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) betonen, dass es keine belastbare Evidenz fĂĽr einen ursächlichen Zusammenhang gibt. Paracetamol bleibt das empfohlene Mittel erster Wahl bei Schmerzen und Fieber in der Schwangerschaft.

Kritik am Vorgehen des US-Gesundheitsministers

Dass ausgerechnet das US-Gesundheitsministerium einen Bericht veröffentlicht, der den Eindruck eines belegten Risikos erweckt, ist problematisch. Fachgesellschaften, Kinder- und Jugendpsychiater:innen und auch internationale Behörden haben die Aussagen deutlich zurückgewiesen. Der Vorstoß wirkt weniger wissenschaftlich fundiert als politisch motiviert – und er hat das Potenzial, Schwangere zu verunsichern, sie von einer sicheren Behandlung abzuhalten und damit tatsächlich Risiken für Mutter und Kind zu erhöhen.

Besonders irritierend ist, dass im selben Atemzug die Nutzung von Leucovorin (einer Folinsäure-Variante) als mögliche Therapie bei Autismus ins Gespräch gebracht wurde – obwohl die Evidenz dafür äußerst schwach ist. Dieser Schritt lässt eher Willkür und politische Profilierung erkennen als verantwortungsbewusste Gesundheitspolitik.

Fazit

  • Es gibt keine wissenschaftlich belastbaren Belege dafĂĽr, dass Paracetamol in der Schwangerschaft Autismus verursacht.

  • Paracetamol bleibt das sicherste und empfohlene Schmerz- und Fiebermittel während der Schwangerschaft.

  • Alarmistische Aussagen ohne solide Evidenz können mehr Schaden anrichten als Nutzen – durch unnötige Angst, Verunsicherung und riskantes Vermeiden von Behandlung.

  • Entscheidend ist ein verantwortungsvoller Umgang: niedrigste wirksame Dosis, so kurz wie nötig, und immer in Absprache mit Ă„rztinnen und Ă„rzten des Vertrauens.


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Stichwort: Paracetamol 

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